Kategorie: Elternzeit

Elternzeitgeschichten – Mein persönlicher Rückblick auf 2×18 Monate Elternzeit

Papa in Elternzeit

Seit ein paar Tagen ist sie nun vorbei, meine zweite Elternzeit. 18 Monate war ich (wie bei meiner großen Tochter) in Elternzeit. Was ich in den Monaten erlebt habe, wie sich meine Beziehung zu meiner Frau durch die Elternzeit verändert hat, warum wir die Betreuungszeiten aufgeteilt haben, wie sehr ich die Wichtigkeit einer festen Tagesstruktur unterschätzt habe, wie mein Arbeitgeber auf meinen Antrag auf Elternzeit reagierte und worauf ich bei der ersten Elternzeit lange warten musste, darum geht es in meinem Blogbeitrag für die Blogparade „#Elternzeitgeschichten“, zu der „Provinzmutti“ aufgerufen hat.

Wie waren sie, meine beiden Elternzeiten?

Ich bin Vater von zwei Töchter, dem Tiger *2013 und von Lila *2016. Bei beiden Kindern haben ich jeweils 18 Monate Elternzeit genommen.  Schon vor der Geburt unserer ersten Tochter war uns (werdenden) Eltern klar, die Elternzeit teilen wir auf. Ich wollte mehr als nur die sogenannten Vätermonate nehmen und meine Frau wollte nicht zu lange im Job fehlen. Ein weiteres wichtiges Argument: meine Frau ist bei uns die Top-Verdienerin.

In den Monaten vor den Geburten haben wir intensiv überlegt, welche Aufteilung für unsere Kinder und uns am besten ist. Letztendlich haben wir bei beiden Kindern ähnlich entschieden: meine Frau ist die ersten acht und ich die darauffolgenden 18 Monate in Elternzeit gegangen. Der einzige Unterschied: beim Tiger haben wir einen Monat überlappend Elternzeit genommen. Dies war aus organisatorischen Gründen bei Lila leider nicht möglich. Der gemeinsame Monat war wunderbar. Nicht nur wegen der Übergabe des Staffelstabs.

Sich selbst zu vertreten muss gut überlegt sein

Bei beiden Kindern habe ich jeweils sechs Monate Elterngeld bezogen, beim Tiger habe ich mich in diesen Monaten mit fünf Stunden selbst vertreten. Klingt etwas komisch, heißt aber wirklich so. Ganz ohne Job zu sein konnte ich mir vor der ersten Geburt nicht vorstellen. Ich hatte Angst, mir würde die Decke auf den Kopf fallen.

Im Nachhinein waren die Stunden Selbstvertretung eine blöde Idee. Auch wenn es nur fünf Stunden waren, der Organisationsaufwand war ziemlich hoch. Und netto blieben am Ende gerade mal 6 Euro pro Stunde übrig. Der Rest wurde dem Elterngeld angerechnet. Das mag sich ja mit der Einführung vom Elterngeldplus inzwischen verändert haben aber für mich war in der zweiten Elternzeit klar, die ersten sechs Monate bleibe ich komplett zu Hause. Diese besondere Zeit geht so schnell vorbei, die wollte ich mit meiner Tochter genießen.

Das komische Konstrukt mit den vier Bonusmonaten Elterngeldplus

Wir hatten uns 2016 über die Bonusmonate für das Elterngeldplus informiert. Aber richtig schlau wurden wir auf den einschlägigen Internetseiten nicht. Was wir verstanden haben: um einen Anspruch auf die Bonusmonate zu erhalten, müssen BEIDE Eltern vier Monate jeweils zwischen 25 – 30 Stunden/Woche arbeiten. Dann hat man einen Anspruch auf vier weitere Monate Elterngeldplus. Aber das heißt, insgesamt sind beide Eltern vier Monate lang zusammen mindestens 50 Stunden in der Woche im Job. Hinzu kommen noch die anfallenden Fahrwege. Wie soll das gehen? Wer kann seinen Job so flexibel einteilen, dass sein Kind immer betreut ist? Welcher Arbeitgeber spielt da mit? Beispiele aus der Praxis wurden damals auf der Website Elterngeld-plus interessanter Weise nicht vorgestellt. Warum wohl nicht 😉 Daher würde mich interessieren, welche Eltern überhaupt jemals den kompletten Elterngeldplus-Bonus erhalten haben. „Normale“ berufstätige Eltern jedenfalls haben nach meinen Berechnungen keine Chance, außer sie haben bereits andere Betreuungssysteme im Hintergrund (bereits einen Kitaplatz, Tagesmutter oder die Großeltern).

Teilzeit im zweiten Jahr

Wir hatten Glück und haben für beide Kinder jeweils nach einem Jahr einen Kitaplatz bekommen. Dadurch konnte ich noch in meiner Elternzeit die Kita-Eingewöhnung begleiten und anschießend wieder in meinen Job einsteigen. In beiden Elternzeiten habe ich mich im zweiten Jahr selbst vertreten. Beim Tiger waren es die maximal erlaubten 30 Stunden, bei Lila hingegen „nur“ noch 24 Stunden. Jetzt, nach Ablauf meiner zweiten Elternzeit, habe ich meine Arbeitsstunden langfristig auf 24 Stunden reduziert. Meine Frau arbeitet dafür in Vollzeit.

Auch von Interesse? Meinen Beitrag zu „Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit“ findest du hier

Warum überhaupt Elternzeit nehmen, wenn ich doch eh wieder arbeite, wurde ich oft gefragt. Auf der einen Seite wollten wir auf Nummer sicher gehen: Sollte die Eingewöhnung nicht klappen oder sonst irgendetwas sein, hätte ich notfalls das zweite Jahr ganz zu Hause bleiben können, ohne meinen Dienstvertrag ändern zu müssen. Und für die Rente (sollte es für uns später überhaupt noch eine geben) hat es finanzielle Vorteile, wenn man zwar Elternzeit nimmt aber in den Monaten Teilzeit arbeitet. Allerdings benötigt man dafür ein Gespräch bei der Rentenkasse, da automatisch die Mütter als Anspruchsberechtigte im Rentenbescheid geführt werden. Also, liebe Väter in Elternzeit plus Teilzeit schaut mal in eure Rentenbescheide nach, wem von euch Eltern die Kindererziehung für die Rente angerechnet wird.

Aus Planung wird Ernst

Zurück zu meinen Elternzeiten. Auf beide habe ich mich im Vorfeld sehr gefreut und konnte den Beginn kaum abwarten. Hier möchte ich den Start meiner ersten Elternzeit hervorheben, da ich damals noch überhaupt nicht wusste, was alles auf mich zukommen würde. Klar war ich seit der Geburt unserer Tochter aktiv in die Betreuung und Versorgung eingebunden. Aber so ganz alleine, die volle Verantwortung für die kleine Maus? Ganze neun Stunden am Tag? Fünf Tage die Woche? Was, wenn meine Tochter nur noch schreit und ich sie nicht beruhigen kann? Welche Salbe war noch einmal wofür? Was mache ich, wenn der Tiger plötzlich krank wird? Hoffentlich fällt sie mir nicht vom Wickeltisch! Und was muss ich meiner Tochter im April alles anziehen, wenn wir nach draußen wollen?

Wie verbringe ich in meiner Elternzeit bloß den Tag?

Direkt am ersten Tag meiner alleinigen Elternzeit musste ich feststellen, trotz gemeinsamer vierwöchiger Übergangszeit kam es zu deutlichen Wissenslücken. Aber nicht nur das. Auch die Zeit wurde lang. Meine Frau hatte in ihrer Elternzeit einen Pekip-Kurs und einen Babyschwimmkurs besucht, die Hebamme kam regelmäßig und fast jede Woche traf sie ihre Mädels vom Geburtsvorbereitungskurs. Und ich? Ich hatte eigentlich nichts. Zum Pekip-Kurs wollte ich nicht, die Väter vom Geburtsvorbereitungskurs hatte ich nur einmal für zwei Stunden gesehen, blieb noch das Babyschwimmen. Ich bin nicht so der Warmbader, deshalb habe ich den Kurs nur zögernd übernommen. Aber schon das erste Mal im Wasser war der Hammer. Nicht nur, dass meine Tochter vom Wasser total begeistert war, es waren auch ein paar andere Papas mit ihren Kindern im Kurs. Ab da war der Dienstagvormittag geblockt.

Wie wichtig eine Tagesstruktur ist, das war mir vor der Elternzeit absolut nicht klar. Bei gutem Wetter war noch alles okay, wir sind einfach raus in den Garten, haben stundenlang auf der Decke Robben und Krabbeln geübt. Aber bei Regen? Den ganzen Tag im Haus? Das fand ich wirklich anstrengend. Aus diesem Grund habe ich auch nach der ersten Elternzeit zusammen mit zwei Kollegen beruflich einen Vätertreff, die Papazeit, gegründet.

Papazeit – ein Vätertreff in Münster

Seit gut zwei Jahren gibt es den Vätertreff nun. In meiner zweiten Elternzeit bin ich privat als Papa mit Lila jeden Mittwoch zur Papazeit gefahren. Und wer heute noch glaubt, Männer können nicht reden, der sollte mal zu uns nach Münster kommen. Die Tonlage ist etwas tiefer als bei den Müttertreffs aber ansonsten wird dort genauso gequatscht, Fragen gestellt, Antworten gegeben, mit den Kindern gespielt und gelacht.

Tatsächlich war die Tagesstruktur in meiner zweiten Elternzeit gar kein Problem. Nicht unbedingt, weil ich jetzt der Strukturprofi geworden war, nein! Vielmehr gab die Kita den Takt vor. Bis neun Uhr musste der Tiger in die Kita sein. Lag ich mit ihr damals noch stundenlang im Bett, hieß es jetzt gegen sieben Uhr aufstehen, beide Kinder anziehen, Frühstück machen und den Tiger zur Kita bringen. Ganz ehrlich, die entspannte Zeit am Morgen in der ersten Elternzeit habe ich beim zweiten Durchlauf oft vermisst.

Im Antragsdschungel – oder einfach kann jeder

Meine Elternzeit habe ich drei Monate im Voraus beantragt. Im Vorfeld hatte ich meinen Chef schon über meinen Elternzeitantrag informiert. Damals hat er mit den Worten reagiert: „Wenn das bei uns nicht geht, wo dann?“ Überhaupt habe ich im Team nur positive Rückmeldung erhalten. Schwieriger wurde es mit der Verwaltung. Ich war bei uns scheinbar die erste Person überhaupt, die sich in ihrer Elternzeit selbst vertreten wollte. Anders kann ich mir das ganze Durcheinander nicht erklären. Erst hieß es, ich müsste mich in meiner Elternzeit neu krankenversichern, da ich ja einen neuen Dienstvertrag über fünf Stunden erhalten würde. Dann wollte die Elterngeldkasse meinen genauen Stundenlohn wissen, was meinem Personalbüro aber nicht ganz so leicht viel. Jedenfalls hat es bei mir fast drei Monate gedauert, bis mein erstes Elterngeld auf meinem Konto war. Bis dahin musste ich meine vorlaufenden Ausgaben von meinem Ersparten bestreiten. Meiner Frau erging es übrigens bei der zweiten Elternzeit ähnlich. Da war ihre Ansprechperson erst länger erkrankt und hatte anschließend länger Urlaub. Erst durch telefonischen Druck erklärte sich ein Kollege bereit, den Antrag meiner Frau zu bearbeiten. Ob den Mitarbeiter*innen in den zuständigen Ämtern klar ist, in welche finanzielle Not sie Familien bringen können, wenn sie die Anträge – warum auch immer – nicht rechtzeitig bearbeiten?

Persönlich frage ich mich schon länger, ob ein pauschaler Elterngeldbetrag von z.B. 1600 Euro dem Staat und somit dem Steuerzahler nicht genauso viel kosten würde, wie aktuell der finanzielle Verwaltungsaufwand plus die Kosten für das Elterngeld.

Highlights meiner Elternzeit

Die Gesellschaft ist noch nicht auf Väter in Elternzeit eingestellt. Noch sind wir Exoten, jedenfalls die Väter, deren Frauen/Partnerinnen wieder arbeiten und daher die Verantwortung für ihr Kind tagsüber alleine übernehmen. Ich habe dazu schon an der ein oder anderen Stelle auf meinem Blog etwas geschrieben. Mein Lieblingsbeispiel ist immer der Kinderarzt im Kindernotdienst Münster. Ich war für ihn absolute Luft, gesprochen hat er nur mit meiner Frau. Mein Lieblingsausschnitt: Arzt: „Wie schwer ist denn ihre Tochter?“ Ich: „12,8kg.“ Meine Frau „Ich weiß es nicht.“ Arzt: „dann wiegen wir mal lieber.“ Unsere Tochter wird gewogen. Arzt: „13kg, wie gut das wir gewogen haben!“

Anderes Beispiel: Ich bin mit zwei befreundeten Müttern in einem Cafe und muss meine Tochter wickeln. Der Wickeltisch war auf der Damentoilette. Das wusste ich schon, deshalb bin ich einfach in die Damentoilette reingestiefelt. Am Waschbecken steht eine ältere Dame: „Können Sie nicht lesen?“ raunzt sie mich an. Ich: „Doch, aber meine Tochter hat die Windel voll und der Wickeltisch ist nun mal in der Damentoilette.“ „Dann kann doch ihre Frau wickeln.“ Ich: „Das ist schlecht, die ist den ganzen Tag über arbeiten.“ Darauf sagte die Dame nichts mehr und verließ schnell den Raum.

Ähnliches gilt für Besuche im Supermarkt. Wie oft wurde ich angesprochen, ob ich denn ganz alleine mit meiner süßen Tochter einkaufen sei. Gerade für viele ältere Frauen war ich der Held, obwohl ich nur einkaufen war. So wie hunderttausende Mütter und Väter es Tag für Tag auch machen. Die Väter vielleicht nicht immer morgens um halb zehn. Ich konnte damals und kann auch heute nichts heldenhaftes daran erkennen, wenn der Papa mit seinen Kindern einkaufen geht. Ich muss aber gestehen, dass Einkaufen nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählt.

Das waren jetzt ein paar ausgewählte Negativ-Highlights. Es gab auch viele schöne und positive Erlebnisse.

Das Beste zum Schluss

Dank meinen beiden Elternzeiten konnte ich den Alltag mit meinen Kindern erleben. Ich bekam mit, wenn ein neuer Zahn in Anmarsch war, konnte sie trotz Babysprache so gut wie immer verstehen und war bei beiden Töchtern live dabei, als sie ihre ersten Schritte machten. Ich konnte ohne viel Zeitstress mit meinen Töchtern spielen, den Tiger zu ihrem ersten Kindergeburtstag begleiten und Lila nachwinken, als sie das erste Mal den ganzen Tag ohne mich in der Kita blieb.

Durch meine Elternzeit habe ich auch gelernt dankbar zu sein. Ich habe eine tolle Frau, die für die Familie Vollzeit arbeiten geht und mir dadurch ermöglicht viel Zeit mit unseren Töchtern zu verbringen.

Verständnis füreinander

Ich bin jetzt „Mütterversteher“ und meine Frau begreift jetzt Väter. Was ich damit meine? In den ersten acht Monaten kam ich abends teilweise müde aus dem Büro und meine Frau hat nur darauf gewartet, dass ich mich sofort um unsere Tochter kümmere, wenn der Tag für sie mal wieder stressig war. Ich hingegen wollte erst einmal in Ruhe zu Hause ankommen und etwas durchatmen.

Als ich in Elternzeit war, ging uns beiden ein „Licht“ auf. Meine Frau als Workingmom konnte jetzt gut nachvollziehen, warum ich noch ein paar Minuten haben wollte, wenn ich abends von der Arbeit nach Hause kam. Ich als Daddyathome wiederrum merkte wie froh ich war, wenn sich der Schlüssel im Schloss drehte und ich meiner Frau nach Hause kam. Oft hätte ich ihr am liebsten schon auf der Türschwelle unsere Tochter übergeben.

Seit unseren beider Elternzeiten haben wir viel Verständnis für die jeweilige Situation des Gegenübers. Was überhaupt nicht heißen soll, dass wir nicht auch mal heftig aneinandergeraten. Das Gefühl, ich brauche jetzt mal Zeit für mich, kann weder Mann noch Frau so einfach zur Seite schieben. Unser Vorteil: wir kennen beide Rollen. Vielleicht fällt es uns deshalb leichter, über unsere Bedürnfisse zu sprechen und eine gute Regelung auszuhandeln. Denn das ist die zweite wichtige Erkenntnis meiner Elternzeit: uns als Eltern und als Paar geht es nur dann gut, wenn wir miteinander reden und Missverständnisse und negative Gefühle ansprechen.

Und noch eine Sache ist mir wichtig: Durch die Elternzeit ist mein Selbstbewusstsein deutlich gewachsen. So viele unvorhersehbare Krisen und Gefahren, die ich gemeinsam mit meinen Töchtern erfolgreich gemeistert habe. Soll heißen: Elternzeit fördert das eigene Selbstbewusstein und der Satz: „Ich schaffe das!“ gehört jetzt fest zu meinem eigenen Selbstverständnis.

Ende, aus, vorbei!

Tick, tack und zack, die Zeit ist um. Sechs Monate Elternzeit. Einfach vorbei. Seit Donnerstag bin ich wieder zurück im Job. So richtig gefreut habe ich mich auf den ersten Tag nach der Elternzeit nicht. Nach der intensiven Zeit mit meinen beiden Töchtern sah ich langsam ein Zeitfenster für mich am Horizont erscheinen, die Eingewöhnung läuft gut und in wenigen Tagen wird neben dem Tiger auch Lila mehrere Stunden am Tag in die Kita gehen. Dann wäre Zeit für mich (gewesen). Okay, nicht besonders viel, weil ja der Haushalt und alles drum herum auch ausreichend Aufmerksamkeit erwartet. Aber das Zeitfenster wäre trotzdem größer gewesen als noch vor ein paar Tagen.

Was könnte ich nach der erfolgreichen Kita-Eingewöhnung von Lila nicht alles tun: ganz in Ruhe und ohne Kind im Jogger laufen, endlich mal wieder ein Buch auf der Terrasse lesen, mich mal mit Freunden auf einen Kaffee in der Stadt treffen, drei Stunden mit dem Rennrad durchs Münsterland düsen, das Projekt Holzterrasse zu Ende bringen, tagsüber einen Blogbeitrag schreiben, … Stattdessen sitze ich – wenn auch mit reduzierter Stundenzahl – wieder im Büro. Das Computerprogramm ist immer noch hundsmiserabel, die Helligkeit im Büro nimmt es locker mit der Abenddämmerung auf und vor dem Bürofenster steht für ein paar Tage ein Schützenfestzelt.

Ich sitze an meinem Schreibtisch, lese Mails der letzten sechs Monate und bin irritiert, warum ich keine Geräusche von Lila höre. Meine Frau hatte mich gewarnt, der Wiedereinstieg in den Job hinterlässt ein komisches Gefühl. Jedenfalls ein paar Tage lang. Nach knapp einer Woche war mein Herzblatt vom System Schule wieder komplett verschluckt.

Bei mir sind es jetzt erst drei Tage zurück im Job. Mein komisches Gefühl kann ich gar nicht so richtig beschreiben. Ich versuche es mal: Trotz genügend Arbeit ist mir langweilig. Zuhause hatte ich in den letzten Monaten ständig spannende Ablenkung, konnte immer wieder neue, kleine Entwicklungsschritte bei Lila entdecken. Und zusätzlich gab es, obwohl nicht bewusst festgelegt, einen festen täglichen Ablaufplan: aufstehen, waschen, anziehen, frühstücken, den Tiger zur Kita bringen, mit Lila spielen, einkaufen, aufräumen, Wäsche, Sport, Kaffee, saugen, Mittag, schlafen, den Tiger abholen, Kinderzimmer, Spielplatz, Fahrradtour, auf Mama warten, Abendessen, Gute-Nachtgeschichte, Kind schlafen legen, aufräumen, Sofa, Bett. Da blieb einfach keine Zeit zum Grübeln und Nachdenken.

Tja und im Job ist halt alles wie immer. Na ja, fast jedenfalls. Also wenig Ablenkung, Spannung und Neues zu entdecken. Daran muss ich mich erst wieder gewöhnen. Vermutlich wird mein Gefühlszustand wieder „normal“, wenn ich die ersten Familiengespräche, Spielkontakte oder Elterngespräche hatte. Also ab morgen 😉

Klopf, klopf, die Eingewöhnung steht vor der Tür!

Am letzten Dienstag hatte wir Besuch. Zwei Erzieherinnen aus Lilas zukünftiger Kitagruppe wollten Lila und uns Eltern kennenlernen. Was ich eine schöne Idee finde. Es war der erste Termin nur für Lila, rechnet man die Arztbesuche mal raus. Eigentlich ein Termin wie jeder andere, dachte ich jedenfalls. Bis die beiden Kita-Mitarbeiterinnen vor der Haustür standen.

Der Tiger freute sich riesig über den Besuch, waren beide in den ersten zwei Jahren doch auch ihre Erzieherinnen . Und da Lila alles toll findet was ihre große Schwester mag, war das Eis zwischen ihr und den beiden Frauen direkt gebrochen. Das zu sehen und mitzubekommen war für uns Eltern eine große Erleichterung.

Und plötzlich wurde das Gespräch für mich sehr emotional (für mein Herzblatt übrigens auch). Gerade hatten wir noch zugesehen, wie Lila den Erzieherinnen ihr Spielzeug zeigt und uns die Informationen über die Kita angehört, als aus dem Nichts die Frage aller Fragen kam: „Und wann sollen wir mit der Eingewöhnung starten?“

Unter anderem wegen genau dieser Frage sind die beiden Erzieherinnen zu Besuch. Schon klar. Aber irgendwie hatte ich die Fragen dann doch verdrängt oder einfach nicht darüber nachgedacht. Mein Herz und Kopf fing an zu arbeiten. Wörter wie Loslassen – Abschied – Vertrauen – Verantwortung und Neustart tauchten im Gehirn auf.

Mit dem Start in die Fremdbetreuung wird aus dem Baby ein Kleinkind bzw. ein Babykleinkind 😉 Wir Eltern haben vermutlich viel größere Schwierigkeiten mit dem Loslassen als unsere Kinder. Nur gut, dass ich schon einmal die Eingewöhnung mit dem Tiger gemacht habe und sie gut funktioniert hat. Das beruhigt. Unsere Lila wird das schon machen, daran habe ich überhaupt keine Zweifel. Und trotzdem, wir Eltern waren in den letzten 14 Monaten immer ganz nah an Lila dran und haben lückenlos jeden Entwicklungsschritt miterlebt. Davon heißt es jetzt Abschied nehmen. Auch wenn wir eng mit den Erzieherinnen im Austausch stehen, ab jetzt trennen sich für ein paar Stunden unsere Wege. Und nachmittags öffnen wir dann wieder die Tür für unsere gemeinsame Familienzeit.

Die Entscheidung, bis wann bleibt Mama oder Papa beim Kind bzw. mit welchem Alter beginnt die Fremdbetreuung, führt ja nicht selten zu emotional geführten Diskussionen. Letztendlich muss jede Familie für sich entscheiden wann für sie der Moment gekommen ist. Passend wird vermutlich kein Zeitpunkt sein. Für meine Herzdame und mich war immer klar, wir wollen beide relativ schnell wieder arbeiten und für unsere Kinder eine gute Betreuung.

Die Entscheidung, den Tiger mit einem Jahr in die U3-Betreuung zu geben, haben wir damals lange und gut überlegt. Sollte es eine Tagesmutter, eine Elterninitiative oder eine Kita sein? Wir haben uns für eine große Kita mit U3-Bereich entschieden (Wenn man ganz ehrlich ist, so groß ist der Spielraum zumindest in Münster nicht, oft muss das genommen werden, was angeboten wird). Wir hatten Glück und sind bis heute mit unserer Entscheidung sehr zufrieden. Der Tiger ging vom ersten Tag an (nach der Eingewöhnung) gerne in ihre Gruppe. Und das ist bis heute so.

Daher gab es aktuell bei Lila keine großen Diskussionen mehr. Klar, jedes Kind tickt anders und deshalb werden wir genau schauen welche Signale uns Lila sendet. Unser aktueller Plan sieht so aus, dass ich jeden Morgen die Kinder gegen kurz vor neun zur Kita bringe und mein Herzblatt und ich sie abwechselnd nachmittags abholen. Anschließend ist bis zum Abendbrot gemeinsame Spielzeit . Meine Herzdame arbeitet voll, ich habe Stunden reduziert, um in Abwesenheit der Kinder den Haushalt, die Wäsche und den Einkauf zu erledigen.

Für mich heißt es jetzt Abschied nehmen. Abschied von einer wunderschönen Zeit. Fremdbetreuung hat immer etwas mit Vertrauen zu tun. Mein Herzblatt und ich haben Vertrauen. Tschüß Elternzeit, willkommen Kita!

LIEBSTER AWARD – DETAILS ÜBER MICH

Ganz ehrlich, bis vor zwei Tagen war meine Bloggerwelt noch in Ordnung 😉 Da wusste ich noch nicht dass es den #Liebster Award (eine Art Blogger-Kettenbrief) überhaupt gibt (typisch Mann, bekommt immer alles als Letzter mit). Jetzt kenne ich ihn, weil die liebe Chaos & Queen mich nominiert hat. Wir haben uns vor zwei Wochen auf der Blogfamilia kennengelernt. Sehr sympathische Frau. Wir hatten beide noch kein Wasserzeichen in unseren Bildern 😉 Sie hat sich schöne Fragen überlegt, die ich bei dem tollen Wetter hier in Münster gerne beantworte:

1.) Welche Eigenschaft an Dir findest Du richtig toll?

Klar, die schwerste Frage gleich zu Beginn. In Umfragen werden solche Fragen schön versteckt irgendwo mittendrin gestellt 😉 Meine Fähigkeit mich für Personen und Dinge zu begeistern finde ich an mir richtig toll. Mit dem Nachteil, dass ich in meinem Umfeld dann tage- bis wochenlang von nichts anderem mehr rede. Aktuell begeistere ich mich für meine beiden Töchter, meinen Papablog, Väterthemen generell, Instagram und Fotografieren. Habe ich noch etwas vergessen, Schatz? 😉

2.) Was hingegen würdest Du gerne ändern?

Das ist schwierig zu beschreiben. Ich bin nach außen hin sehr lange ruhig, auch wenn ich mich innerlich schon ziemlich ärgere oder genervt bin. Und dann platze ich irgendwann. Leider für mein Gegenüber völlig irritierend, da die Signale zwischen alles ist gut und ich bin total genervt nicht vorhanden waren. Und genau das würde ich gerne ändern, mehr Zwischensignale bitte.

3.) In welches Land möchtest Du unbedingt mal reisen?

Da gibt es viele Länder. Kanada gehört definitiv dazu. Diese Weite und Ruhe. Drei Wochen Wandern in den Wäldern, das wäre super.

4.) Hast Du einen großen Traum?

Ja, ich will irgendwann in meinem Leben das Basislager vom Everest besuchen. Auch wenn es inzwischen eine ziemliche Müllhalde ist.

5.) Was war das Verrückteste, das Du je gemacht hast?

Als Zivi (zu der Zeit war Jugoslawien gerade auseinander gebrochen) habe ich drei Wochen in einem Flüchtlingslager in der Nähe von Split in Kroatien gearbeitet. Wir hatten einen Tag frei und gemeinsam mit einem Bekannten bin ich zum 100km entfernten Wallfahrtsort Medjugorje gefahren. Dort ist Maria angeblich mehreren Kindern erschienen. In dem Ort angekommen sind wir bei 30 Grad den Berg raufgestiefelt, auf dem die Erscheinungen begonnen haben sollen. Oben angekommen haben wir uns umgeschaut, gewartet ob was passiert und als wir nach fünfzehn Minuten nichts gemerkt haben, sind wir wieder in den Ort zurückgegangen.

6.) Bist Du ein Warmduscher?

Also ganz kalt geht nur nach der Sauna 😉 Aber nein, ich liebe die Kälte. Es war schon ein ganz hartes Stück Arbeit, mein Herzblatt an 19 Grad Raumtemperatur zu gewöhnen 😉 Das gelingt mit mit meinen Mädels schon leichter 😉

7.) Wann hast Du das letzte Mal so richtig gefeiert?

Eigentlich sollte es diese Jahr der 1. Mai werden. Leider hat unsere Lieblingsdisco keinen Tanz in den Mai angeboten. Wir sind dann rumgezogen, richtig glücklich sind wir mit dem Angebot in Münster aber nicht gewesen. Und die letzte richtige Party mit Tanz, Alkohol und erst um vier ins Bett liegt tatsächlich schon fast zwei Jahr zurück 🙁

8.) Erzähl mal eine Jugendsünde!

In meiner Jugend, also so mit 14 bis 16 Jahren, war ich ein begeisterter Seitenscheitelträger (hätte perfekt zur Jungen Union gepasst) und mit 15 Jahren wollte ich unbedingt zur Bundeswehr.

9.) Magst Du lieber schwarz/weiss oder bunt?

Wenn es um Bilder geht, bin ich nicht so ganz festgelegt. Schwarz/weiss hat schon was. Einrichtungstechnisch würde ich mich und mein Herzblatt als grau/weiss bezeichnen. Klamottentechnisch werde ich langsam bunter, habe lange nur schwarz getragen.

10.) Fandest Du die Fragen doof? 🙂

Nö! 🙂 Und wie du an den Antworten sehen kannst, ich bin Pädagoge und kann mich einfach nicht kurz fassen. Womit wir wieder bei Frage zwei angelangt wären 😉

So, zum Schluss darf ich noch andere Blogger nominieren. Was ich hiermit sehr gerne mache. In der Hoffnung, dass sie sich freuen und mich nicht hassen werden, nominiere ich Heiner von Vaterwelten, Oliver von Papawickelt Susanne von Halloliebewolke und Christopher von Christopherfelix. Hier meine 10 Fragen an euch:

1. Gab es schon einmal eine Situation, in der du dein Kind verschenken wolltest?

2. Wofür entscheidest du dich: Einen Nachmittag mit Kind auf einem Kindergeburtstag oder Wohnungsgroßputz inklusive Wäsche.

3. Wenn Zeit, Energie und Geld keine Rolle spielen würden, wieviele Kinder hättest du dann?

4. Dein Kind möchte vorgelesen bekommen, welches Bilderbuch wählst du aus?

5. Stadt oder Land? Wo möchtest du leben?

6. Wenn du die ganze Nacht kein Auge zumachen konntest, womit hält du dich wach?

7. Lieblingsort mit Kind und Kegel?

8. Was ist dein Lieblingsseite bzw. Lieblingsblog im Internet?

9. Wenn deine Stimmung mal richtig mies ist, welche Musik macht dich wieder glücklich?

10. Gibt es in deiner Familien / deinem Freundeskreis Personen die kein Verständnis für dein bloggen haben?

Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit

Elternzeit öffnet Türen. Eine Blogparade.

Seit vier Monaten bin ich nun in meiner zweiten Elternzeit. Immer wieder werde ich gefragt ob ich meine Arbeit vermisse (ich würde wirklich gerne mal wissen, ob Mütter die Frage auch so oft gestellt bekommen). Ja, ich vermisse die Arbeit. Hauptsächlich aber aus zwei Gründen: a. hat die Arbeit immer meinen Tag strukturiert und b. vermisse ich den Kontakt zu meinen KollegInnen.

Ansonsten ist die Elternzeit der Hammer (kleine Randbemerkung: mit Ausnahme der Wäscheberge, die habe ich bis heute nicht bändigen können). Ich kann aus tiefster Überzeug nur jedem Vater raten, nehmt Elternzeit (wenn es finanziell und beruflich möglich ist)! Und nehmt ruhig auch mal mehr als die sogenannten zwei Vätermonate, die gibt es nämlich gar nicht 😉

Um zu zeigen, wie besonders Elternzeit für Väter sein kann, starte ich heute die Blogparade „Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit“. Vaterwelten, Stadtpapa, Papawickelt und via Instagram @papamaglila, ich bin auf eure guten Gründe gespannt.

Hier sind meine fünf guten Gründe:

1. Elternzeit öffnet für Kinder und Papa Türen:  Zwischen uns ist ein dickes Band der Liebe, der Bindung, des Vertrauens und der Geborgenheit entstanden. Dank Elternzeit bin ich nicht der Papa, der abends von der Arbeit nach Hause kommt und auch irgendwie mit zur Familie gehört. Nein, ich bin morgens, mittags, abends, nachts und zwischendurch für meine Kinder da. Ich bekomme mit, ob ein neuer Zahn im Anmarsch ist, welches neue Puzzle die Große kann, bin der super Tröster und Schmerzenwegpuster, wenn sich die Jüngste den Kopf gestoßen hat, ich war live dabei, als der Tiger seine ersten Schritte gegangen ist und bekomme ein Glücksgefühl, wenn ich morgens ins Zimmer von Lila komme, ein lautes Juchzen höre, kleine Arme sich in meine Richtung strecken und Lila sich ganz eng an meinen Hals kuschelt.

2. Elternzeit ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen: Dank der Elternzeit bekomme ich neben den glücklichen und schönen Momenten auch die anstrengenden und nervenaufreibenden Seiten der Kinderversorgung und Erziehung mit. Eben mal Frühstücken ist halt manchmal gar nicht möglich. Da kippt das Milchglas um, dort findet sich Marmelade vom Butterbrot plötzlich in den Kinderhaaren wieder. Nicht zu vergessen die ständige Habtachtstellung, wenn meine Jüngste sich an allem hochzieht was höher als 30 cm ist. Oder wenn sie mitten am Tag plötzlich über 40 Grad Fieber bekommt und ich total hilflos daneben stehe. Anstrengend wird es auch auf dem Spielplatz, wenn meine Große ein kleines Mädchen von der Schaukel schubst. Das widerspricht meinen eigenen Werten. Da bin ich als Papa gefragt und muss Grenzen setzen bzw. Konsequenzen aussprechen.

3. Womit ich zu Punkt 3 komme, die Stärkung meines Papa-Selbstvertrauen: In den Monaten habe ich gelernt, bezüglich Kindererziehung und -versorgung kann ich alles, nur nicht stillen (und Zöpfe flechten klappt noch gar nicht). In vielen Erziehungsfragen und Einstellungen sind meine Frau und ich einer Meinung, in einigen aber auch nicht. Aber das ist gar nicht schlimm, denn es klappt trotzdem.

4. Papa-Elternzeit ist für uns Eltern ein Gewinn: Was ich damit meine? Als ich in den ersten Monaten nach der Geburt von der Arbeit nach Hause kam, war ich oft müde und kaputt und wollte meine Ruhe haben. Nicht so meine Frau und meine Kinder. Die hatten „nur“ auf mich gewartet und wollten direkt mit mir spielen bzw. dass ich die Kinder übernehme. Heute ist es genau umkehrt. Ich schaue nachmittags auf die Uhr und denke, wann kommt sie denn endlich nach Hause. Und meine Frau schließt mit dem Gefühl, erst einmal eine Pause zu brauchen, die Haustür auf. Verdrehte Welten! Dank der Elternzeit habe ich jetzt Verständnis für die Situation meiner Partnerin und sie kann sich in meine hineinversetzen.

5. Runter mit dem Papaspeck: Dank der Elternzeit gibt es neben dem ganzen Wickeln, Spielen und Aufräumen genügend Zeitfenster um meinen Co-Schwangerschaftsbauch abzutrainieren. Seitdem meine Jüngste sitzen kann gehen wir gemeinsam Laufen. Also ich laufe, Lila sitzt im Jogger 😉 Und wenn sie mittags schläft, trete ich auf der Fahrradrolle meine Pfunde runter.

Mittwochs ist PAPAZEIT

Es ist Mittwoch, 8.45h in Münster. Die Wickeltasche und etwas Proviant sind im Fahrradanhänger verstaut. Ich mache mich mit meinen beiden Mädels auf den Weg. Erst bringe ich den Tiger in die Kita und düse dann mit Lila weiter in die Westfalenstraße 197 nach Münster-Hiltrup. Dort beginnt um 9.30h die PAPAZEIT. Ein Treff für Väter mit Kindern unter drei Jahren.

Seit Juli 2016 gibt es die PAPAZEIT. Es ist eine Kooperation der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche und den Frühen Hilfen in Hiltrup. Drei männliche Pädagogen bauen im Wechsel eine Spiellandschaft auf, sorgen für reibungslosen Kaffeenachschub und stehen den Papas zu allen Themen Rund um Erziehung und Beziehung als Ansprechpersonen zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Austausch unter den Vätern und nicht auf der Förderung der Kinder. Deshalb gibt es auch kein Anfangs- und kein Abschlusslied oder sonstiges Rahmenprogramm.

9.35h schließe ich das Fahrrad ab und rolle mit dem Anhänger durch die Beratungsstelle. Die PAPAZEIT findet in einer kleinen Turnhalle statt. Es ist ein offener Treff ohne fester Anfangszeit. Dennoch, als ich um 9.40h mit Lila in die Turnhalle komme, sind schon vier bis sechs Väter da. Es riecht nach Kaffee und die Atmosphäre ist locker. Ein Hallo in die Runde genügt. Einige Väter sitzen schon auf den Barhockern am Tisch und trinken Kaffee und ihre Kinder spielen bereits im Bällebad.

Andere sitzen neben ihren Kindern auf den Matten und spielen. Ich stelle die Wickeltasche ab, ziehe meiner Tochter die Jacke aus und setze mich zu ihnen. Lila ist aktuell total fasziniert vom Bällebad. Allerdings ist sie gerade nicht die Einzige. Also lenke ich ihr Interesse auf ein Nachziehhubschrauber und besorge mir dann erst einmal einen Kaffee.

 

Wer behauptet, Männer können nicht reden, sollte mal zur Papazeit kommen. Die ganze Zeit wird geredet und gelacht. Und wir tauschen uns nicht nur über Erziehungsfragen aus, sondern auch über Fußball, Urlaub, Kitaplätze, eigene Vorstellungen vom Vatersein, gute Spielplätze, kindgerechte Läden und Lokale und und und.

Nicht nur mit gefällt die PAPAZEIT. Marco, Vater von einem 1,5-jährigen Sohn und einer 7-jährigen Tochter: „Mir gefällt die lockere und ungezwungene Atmosphäre. Insbesondere, dass kein Programm stattfindet mit Animation wie z.B. Singen oder Klatschen.“ Andreas, Vater von einem bald 1-jährigen Sohn: „Vor allem gehe ich dort gerne hin, weil es eine entspannte Runde mit netten Vätern ist. Und wenn man was wissen will, wie es bei anderen läuft, berichtet jeder gerne, ohne Überzeugungsarbeit leisten zu wollen.“ Das geht mir selbst genauso: es gibt keine Konkurrenz untereinander, welches Kind schon welche wahnsinnigen Entwicklungsschritte gemacht hat. Es fällt kein Satz wie: „WAAAAAS, dein Sohn kann mit seinen sechs Monaten noch nicht sitzen? Also mein Friedrich hat das schon mit vier Monaten gekonnt!“ Vielmehr freuen sich alle, wenn ein Kind wackelig stehen kann oder sich robbend vorwärtsbewegt. Es ist ein super Miteinander!

Um kurz vor elf schaue ich auf die Uhr. Mist, schon wieder so spät! Um 11h endet die PAPAZEIT. Ich könnte jetzt aber gut auch noch eine Stunde länger hier sitzen und quatschen. Wie jeden Mittwoch sind die 1,5 Stunden super schnell verflogen. Also zusammenpacken, Kind anziehen und ab nach Hause. Und was ich schon immer loswerden wollte: Männer, mir macht die PAPAZEIT mit euch richtig Spaß! Vielen Dank dafür!

Väter können alles, außer stillen!

Ein Interview mit happybabyness.com über die Frage, ob es einen modernen Vater braucht, um sich 16 Monate lang alleine um die Kinder zu kümmern. Hier ein Auszug:

Trotz weitgehender Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ist es in der heutigen Zeit noch immer nicht selbstverständlich, dass ein Vater Elternzeit nimmt. Hältst Du Dich für besonders „modern“?

Eigentlich habe ich ein Problem mit dem Begriff „moderner Vater“. Wenn es moderne Väter gibt, sind alle anderen Papas dann altmodisch? Für mich ist der Begriff „Herzblutpapa“ inzwischen deutlich passender. Ich will meine Kinder mit ganz viel Herz aktiv im Alltag begleiten und die schönen aber auch die anstrengenden Seiten in der Kindererziehung erleben. Ich bin der Meinung, wir Väter können alles, außer stillen. Und dementsprechend mache ich alles, nur das Stillen habe ich nicht einmal versucht 😉

Schade eigentlich 😉 Was genau hat Dich denn dazu bewegt Elternzeit zu nehmen? 

Meine Frau und ich haben früh über unsere Vorstellungen und Wünsche bezüglich möglicher Kinder gesprochen. Für mich war immer klar, ich werde einen gleichberechtigten Part in der Begleitung und Erziehung unserer Kinder übernehmen, wenn wir Glück haben und Eltern werden. Es hat geklappt und so habe ich schon beim Lieben Tiger sechs Monate Elternzeit genommen.

Welche Rolle spielte Dein Vater in Deiner eigenen Kindheit? Hat er Deine Vorstellung, wie ein Vater zu sein hat, wesentlich geprägt? 

Ich habe und hatte schon vor 44 Jahren das große Glück, einen – aus heutiger Sicht – aktiven Vater zu erleben. Mein Vater hatte Schichtdienst und war entweder morgens oder nachmittags für meinen Bruder und mich präsent und immer ansprechbar.

Der kleine Unterschied ist lediglich, dass er sich um uns gekümmert hat, während meine Mutter den Großteil der klassischen Hausarbeit übernahm. Wohingegen meine Frau und ich die Carearbeit, sprich Haushalt und Kindererziehung, partnerschaftlich aufteilen.

Wie genau sieht diese Carearbeit denn im Alltag aus?  

07:00   Wenn alles gut geht schlafen wir bis sieben. Mal sehen die Kinder ihre Mama noch, manchmal aber nicht, dann muss ich sie trösten. Dann liegen wir im Bett, lesen Kinderbücher oder spielen Verstecken.

07:30   Meine Jüngste bekommt eine neue Windel und wir ziehen uns alle an. Anschließend wird eine kurze Runde im Kinderzimmer gespielt, bevor wir Frühstücken und noch etwas die Zeit vertrödeln.

08:30   Ich schrecke hoch und werde zum Feldwebel, da die Große bis 9 in der Kita sein muss. Bevor es losgeht werden aber Mützen und Jacken gesucht und das Transportmittel (Laufrad, Fahrrad…) verhandelt.

08:55   Meine Jüngste und ich düsen von der Kita nach Hause.  2x die Woche gehen wir joggen, 2x einkaufen und mittwochs ist Papazeit, ein Vatertreff für Väter mit Kindern zwischen 0-3 Jahren.

12:00   Mittagessen mit Lila Sternchen, die wenn es super läuft anschließend 1-3 Stunden schläft. In der Zeit räume ich auf, putze, surfe im Netz, blogge, oder gehe 2x die Woche aufs Home-Rennrad.

Das komplette Interview mit zusätzlichen Bildern findet ihr unter: happybabyness.com

Eine Bestandsaufnahme

Väter können alles, außer stillen. So jedenfalls meine Behauptung. Jetzt, nach den ersten zwei Monaten Elternzeit, heißt es persönlich Farbe bekennen: kann ich wirklich alles, außer stillen? Eine Bestandsaufnahme:

Zuerst fünf Häkchen meiner ALLES-IM-GRÜNEN-BEREICH-CHECKLISTE: Das morgendliche Aufstehen, Wickeln, Anziehen und Frühstücken läuft reibungslos, wir vertrödeln nur manchmal Zeit beim Spielen. Wenn ich ehrlich bin eigentlich jeden Tag. Dann wird es etwas eng. Aber bislang haben wir es immer bis 9 Uhr zur Kita geschafft. Also meistens …

Tanzen! Jeden Tag vor dem Abendessen schwinge ich mit meinen jungen Damen auf dem Arm das Tanzbein. Mit der Große zu „I dare you“ von The XX und mit der Jüngsten zu „Fix you“ in der Liveversion von Coldplay. Meine Mädels lieben es – ich sowieso.

Spielen mit meinen Töchtern klappt super! Die Vormittage gehören ganz der Jüngsten und mir. Die meiste Zeit verbringen wir auf dem Spielteppich oder drehen eine Runde mit dem Jogger. Kommt die Große nach Hause, gehen wir auf den Spielplatz, sitzen zusammen auf dem Sofa und puzzeln, lesen, spielen Memory oder malen und kneten am Tisch. Oder aber ich bin ein gefährlicher Tiger und muss mich unter dem Tisch verkriechen.

Babyschwimmen und Papazeit sind unsere beiden festen Aktivitäten in der Woche. Meine Jüngste und ich haben super viel Spaß. Bislang habe ich immer an Schwimmwindel und Badehandtuch gedacht! Okay, einmal bei der Papazeit stand die Trinkflasche noch Zuhause auf dem Küchentisch. Da war dann Improvisation gefragt.

Vor Wochen bin ich noch schnell in den Bastelkeller gerannt, wenn Zäpfchen und Nasensauger gefragt waren. Dank langer Übungszeit in den letzten zwei Wochen stehe ich nun bei beiden Dingen meinen Mann!

Und was klappt noch nicht? Ganz oben auf der TOP-5-KANN-ICH-NOCH-NCIHT-LISTE steht weiterhin das Zöpfeflechten. Wenn es um Haare geht, habe ich zwei linke Hände. Ich bemühe mich wirklich, aber es kommen nur traurige Haarstränge dabei raus. Nicht nur im Kindergarten ernte ich mitleidige Blicke. Dafür gebe ich mir eine glatte Sechs!

An zweiter Stelle steht das punktgenaue Wäschewaschen. Sortieren, Waschmaschine, Trockner, alles inzwischen kein Ding mehr. Aber die Wäsche wieder rechtzeitig getrocknet und gefaltet in die einzelnen Fächer zu legen, da hakt es gewaltig. Besonders blöd, wenn am Samstagmorgen meine Frau eine unserer beiden Mädels anziehen will und keine Socken in der Schublade liegen. Verstehe einfach nicht, warum sich die Wäsche ausgerechnet auf dem Weg in die Kleiderschränke so viel Zeit lässt.

An dritter Stelle folgt das Einkaufen mit System. Regelmäßig vergesse ich wichtige Lebensmittel, ohne die wir am Wochenende nicht über die Runden kommen. Dabei schreibe ich mir schon eine Liste in mein iPhone aber woher soll ich auch wissen, dass wir am Wochenende ausgerechnet Brot brauchen. Sagt mir ja keiner!

An vierter Stelle steht meine Ungeduld nachts um fünf Uhr. Ich bin – wie schon in einem Artikelgeschrieben – eine bekennende Eule. Und wenn meine Mädels zu Unzeiten wach werden, bin ich gelegentlich ungeduldig und meckere rum. Das ist ungerecht, da meine Lerchen nix dafür können, dass ich eine Eule bin.

Platz Nummer fünf gehört der Spüle. Ich kann es mir nicht erklären wieso das immer wieder passiert aber abends stapeln sich oft Töpfe und Teller vom Mittagessen im Spülbecken. Und genau darüber habe ich mich früher geärgert, als ich abends von der Arbeit nach Hause kam und meine Frau noch in Elternzeit war. Wie sich manche Dinge drehen und doch nicht ändern.

Das sind die BigFive, die mir spontan einfallen. Gott sein Dank ist die DAS-KLAPPT-BEI-MEINEM-MANN-NOCH-NICHT-CHECKLISTE meiner Frau mit meiner identisch. Hätte auch anders ausgehen können! Und meine Mädels sind sowieso voll mit mir zufrieden. Hauptsache Kinderwurst und Babybrei sind ausreichend vorhanden.

Da waren es noch fünf Glücksmonate

Zack, gerade erst habe ich die Sektkorken zum Start meiner Elternzeit knallen lassen und schon ist der erste Monat um. Wenn die Zeit weiter so rennt, muss ich in wenigen Tagen schon wieder ins Büro.

Andererseits kann ich sagen, 31 Papa-Töchter-Tage sind geschafft und die Kleine (und die Große) leben noch, haben etwas zum Anziehen und sehen auch ansonsten nicht sonderlich verwahrlost aus. Gut, das mit den Zöpfen klappt noch nicht so ganz, eine Wolljacke ist beim Waschen eingelaufen und letztens hatte ich nur noch fünf Natur-Joghurts im Kühlschrank. Aber es muss ja noch Entwicklungspotential für die nächsten Monate geben.

Neben dem ganzen organisatorischen und haushaltstechnischen Kram gibt es ja Gott sei Dank noch die Zeit mit den Kindern. Nach anfänglichen Beschnuppern und Einruckeln (Papa macht halt doch einiges anders als Mama) gab es für mich im letzten Monat einige Schlüssel- und Glücksmomente:

Das kleine Wunderwesen, ich komme nach dem Mittagsschlaf ins Zimmer und nehme es vorsichtig aus dem Bettchen. Meine Kleine blinzelt mich an, kuschelt sich mit ihrem Kopf an meinem Hals und ihre Arme drücken mich ganz fest – unsere erste „du-bist-mein-Papa-Umarmung“. Ich komme zur Spieldecke, sie blickt mich freudestrahlend an, dreht sich auf den Rücken, streckt ihre Arme nach mir aus und ich verstehe sofort: „Papa, nimm mich auf den Arm!“. Ich singe „Wie das Fähnchen auf dem Turme“, sie lacht vor Freude und bewegt ihre Finger. Ich frage „Nochmal?“ und verstehe ihr „Ja, Papa, bitte.“

Sie testet und forscht, sie übt und probiert, immer und immer wieder. Stundenlang. Und dann ist er da, der nächste Entwicklungsschritt. Wie schön, den Stolz in ihren Augen zu sehen. Sie kann nun robben, im TrippTrap sitzen, sich längere Zeit alleine beschäftigen, sucht ihre Mama, Schwester und Papa und freut sich, wenn ihre Familie wieder bei ihr ist.

Das große Wunderwesen, es kommt morgens in mein Bett gekrabbelt, kuschelt sich an mich und flüstert: „Mein Papa!“ Ich komme in die Kita um die Große abzuholen, sie lässt alles stehen und liegen und fliegt in meine Arme. Der kurze Blickkontakt beim Abendessen und wir verstehen uns.

Dieses unsichtbare Band, es ist da, es war schon immer da, vom ersten Tage an, es ist nur noch dicker geworden Ich liebe meine Mädchen und sie lieben mich. Das weiß und spüre ich. Wenn jemand wissen möchte, wie sich Glück anfühlt, ich kann es ihm sagen.