NEIN! FASS MICH NICHT AN!!!!!! NEIN! LASS MICH!!! Regelmäßig schreckt der Tiger nachts aus dem Schlaf auf und schreit minutenlang! Wenn ich dann zu ihr ins Zimmer komme sitzt sie in der hintersten Ecke ihres Bettes, die Augen sind auf und man könnte denken sie ist wach. Sobald ich sie aber auf den Arm nehme möchte wird das Schreien noch lauter und sie schlägt wild um sich. Ich kann dann sagen was ich will, sie erkennt mich nicht!
Beim ersten Mal war ich völlig perplex. So einen Verhalten hatte ich beim Tiger noch nie erlebt. Ich selbst war ja gerade erst aus dem Schlaf hochgeschreckt und mit der Annahme, mein Kind nur kurz trösten zu müssen, in ihr Kinderzimmer gelaufen. Aber was mich da in ihrem Zimmer erwartete, darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet. Schreien, Kreischen und Wild-um-sich-schlagen! Sie hatte große Angst; minutenlang. Ich brauchte etwas bevor ich realisierte, dass meine Tochter gar nicht wach war. Aber, was hatte sie? Vermutlich einen Nachtschreck. Spielte aber auch keine Rolle. Ich wollte ihr helfen und konnte es nicht. Egal was ich versuchte, ich kam einfach nicht an sie heran.
Mein erster Impuls war meinen Tiger zu wecken und sie so aus ihrer schrecklichen Lage zu holen. Ganz leise und ruhig habe ich sie angesprochen. Aber anstatt aufzuwachen wurde sie nur noch lauter und verkroch sie noch tiefer in ihre Ecke im Bett. Ich wollte sie auf den Arm nehmen und festhalten, damit sie sich wieder beruhigt. Völlig falsche Entscheidung. So laut habe ich meine Tochter noch nie schreien hören. Reflexartig ließ ich sie los und ging zwei Schritte nach hinten. So war zwischen uns wieder etwas Abstand.
Da stand ich nun, mitten im dunklem Kinderzimmer, nur das Notlicht leuchtete. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden. Um mich und meinen Tiger zu beruhigen setzte ich mich neben dem Bett auf einen Stuhl. Ich wartete ab, bis mein Tiger mit dem Weinen und Schreien aufhörte. Ganz ehrlich, das war super schwer auszuhalten.
Gefühlt waren es Stunden, in der Realität habe ich 20 Minuten auf dem Stuhl gewartet. Plötzlich aus dem Nichts hörte ich ein „Aua!“ von meiner Tochter. Schnell antwortete ich: „Hast du dich verletzt? Möchtest du zu mir auf den Arm kommen?“ Da war der Nachtschreck-Bann gebrochen und keine zwei Sekunden später lag der Tiger in meinen Armen. Weitere 60 Sekunden später war sie wieder eingeschlafen. Mir allerdings war dann erstmal nicht nach Schlafen zumute. Vielmehr musste ich verdauen, was da gerade alles passiert war.
Meine Tochter konnte sich am nächsten Morgen übrigens an nichts mehr erinnern, was mich extrem beruhigte. Somit hatte sie auch keine Erinnerungen an das Gefühl der Angst und der Orientierungslosigkeit während des Nachtschrecks.
Aber warum zum Henker hat meine Tochter diesen Nachtschreck überhaupt? Was genau ihn verursacht, ist bis heute überhaupt noch nicht geklärt. Laut Literatur kommt der Nachtschreck eher bei Kindern vor, die vor dem Einschlafen noch ziemlich aktiv waren. Helfen kann da eine Ruhephase vor dem Schlafengehen. Blöd nur, wenn – wie bei meiner Tochter- das Kind auf die Ruhephase pfeift und bis zur letzten Sekunde aktiv ist.
Und was ist der Nachtschreck überhaupt? Der Nachtschreck ist eine Störung des Schlafs und tritt in der Regel während der ersten Non-REM-Schlafphase (in den ersten Stunden nach dem Einschlafen) auf. Das Kind erkennt weder Mama, Papa noch die eigentlich vertraute Umgebung. Die Experten sind sich alle einig: bloß das Kind nicht versuchen zu wecken. Das klappt nicht, führt meistens nur zu einer Eskalation, so wie bei mir. Wir Eltern können während des Nachtschrecks nur eine Sache für unsere Kinder tun: aufpassen, dass sie sich nicht verletzten oder aus dem Bett fallen (mein Tiger schläft in einem Hochbett).
Woran merke ich, dass es ein Nachtschreck und kein Alptraum ist? In der akuten Situation meistens gar nicht. Eigentlich erst am nächsten Morgen. Bin nur ich fix und fertig, dann war es ein Nachtschreck. Ist der Tiger durcheinander und kann sogar von dem Traum berichten, dann war es ziemlich sicher ein Alptraum.